Um 03:00 Uhr hat der Wecker heute geklingelt. Um als erster Mensch auf der Welt den Sonnenaufgang zu sehen, muss man so zeitig aufstehen.
05:00 Uhr war Treffen mit unserem Führer zum Mount Hikurangi. Das ist der Ort auf der Welt von dem man die ersten Sonnenstrahlen des Tages sehen kann. Vorausgesetzt das Wetter spielt mit. Als wir uns mit Monty trafen, war der Himmel sternenklar. Es versprach alles zu klappen. Monty hatte das Wetter schon gecheckt und meinte, es wäre zwar leichte Bewölkung angesagt, aber es sieht gut aus. Mit drei anderen Teilnehmern sind wir erstmal in Montys Ford Raptor bis zum Fuße des Maunga Hikurangi gefahren. Dort bekamen wir alle einen Helm, eine Taschen- oder Stirnlampe und eine kurze Notfallunterweisung am Funkgerät. Dann ging es mit einem 4×4, relativ offenen, Gelände-Jeep weiter nach oben. Zum Glück war es Dunkel und wir haben außer dem Weg vor uns, nichts weiter gesehen. Der Weg kann locker mit den „gefährlichsten Straßen der Welt“ mithalten, war uns bei der Fahrt nach oben irgendwie schon klar und wurde auf dem späteren Weg nach unten bestätigt.
Gefühlt sind wir ewig aufwärts gefahren. Der Weg ging durch privates Farmland. Uns begegneten unterwegs jede Menge Schafe und Kühe, die es sich auf dem schmalen, steinigen Weg bequem gemacht hatten. Irgendwann kamen wir dann endlich am Plateau an. Dort wehte ein echt kalter und sehr starker Wind. Der Himmel war aber nach wie vor größtenteils klar. Eine dicke Wolke schickte sich an uns das Erlebnis ein bisschen zu vermiesen.
Nachdem sich alle von der überwältigenden Aussicht, und dabei hat man noch nicht wirklich viel gesehen, und dem Anblick der großen Holzstatuen erholt hatten, sprach Monty ein Gebet auf Maori für uns. Auch wenn man nichts verstanden hat, berührten Einen die Worte. Eine gute halbe Stunde bis zum Sonnenaufgang war jetzt noch Zeit. Zeit um sich alles ganz genau anzusehen. Zeit um sich einen guten Platz zu suchen. Zeit um erste Fotos zu machen. Zeit um sich bewusst zu machen, was hier gerade passiert. Wir sechs People werden gleich als erste Menschen auf der ganzen Welt den Sonnenaufgang des 19.März 2024 sehen.
Langsam wurden die Wolken vom Rot der Sonne angestrahlt. Immer mehr des Himmels färbte sich und dann war es soweit. Die Sonne durchbrach die Wolkendecke und strahlte uns an. Das Gefühl dabei kann man nicht beschreiben. Das muss man einfach erlebt haben. Für uns war es „A once-in-a-lifetime experience“. Der Wind, die klammen Finger, die Kälte … alles wurde zur Nebensache in diesen Augenblicken. Man selbst war hin- und hergerissen. Sollte man den Augenblick nur genießen oder ihn ein bisschen einfangen. Wir alle taten irgendwie beides. Selbst Monty, der schon so oft hier oben war um den Augenblick mit anderen Menschen zu teilen, machte Fotos vom Sonnenaufgang. Auf die Frage wieviele Fotos er schon hätte, lächelte er nur und meinte „A lot“. (Für alle, die der englischen Sprache nicht mächtig sind „eine Menge“) 😉
Mit dem Aufgang der Sonne war die Führung aber noch lange nicht zu Ende. Jetzt erzählte uns Monty zu jeder der dort aufgestellten Holzstatuen was sie bedeuten und wie die Götter die Welt erschaffen haben. Ich bin zwar alles andere als bibelfest, aber selbst mir sind jede Menge Parallelen in der Geschichte aufgefallen. Da haben Brüder sich gegenseitig umgebracht oder Neugeborene wurden in Körben im Wasser ausgesetzt.
Nach Abschluss der Geschichts- oder besser Religionsstunde, bei der wir vom mittlerweile herrschenden Sturm fast weggewedelt wurden wären, gab es ein Heißgetränk und einen kleinen Snack im Jeep. Mittlerweile fing es auch leicht an zu regnen. War uns egal. Wir hatten gesehen, warum wir hergekommen waren.
Und dann kam die Rückfahrt. Es war so wie befürchtet … eine Achterbahnfahrt. Es fehlte nur der Looping. Allen wurde bewusst, warum wir im Auto einen Helm tragen mussten. Das Sicherste war, einfach stur nach vorne zu schauen. Versöhnlich stimmte uns nur die Tatsache, dass sich die Natur zweimal bei uns mit einem super schönen Regenbogen für den vielen Wind entschuldigte. Routiniert wie Monty war, hat er natürlich angehalten und uns die Möglichkeit gegeben zu genießen und Fotos zu machen.
Auch wenn unser Führer sehr sicher gefahren ist, waren wir froh, als wir wieder am Ausgangspunkt waren.
Verabschiedet wurden wir alle mit einem Hongi. Das ist der traditionelle Gruß der Maori, bei dem sich die Nasen berühren und hörbar ausgeatmet wird.
Unser Weg führte uns dann nach Gisborne. Erlebt hatten wir eigentlich genug für den heutigen Tag. So viele schöne und positive Eindrücke. Trotzdem machten wir auf dem Weg noch kurz an der Tolaga Bay halt. Dort gibt es einen mega langen Pier. Den längsten Pier Neuseelands. Er ist stolze 660m lang, sagt jedenfalls Wikipedia. Leider darf man ihn nicht mehr betreten, so dass wir das Bauwerk nur vom Land aus bestaunen konnten. Später in Gisborne haben wir dann auf Grund des immer stärker werdenden Windes auf einen Strandspaziergang verzichtet und uns lediglich ein wenig die Innenstadt angesehen und sind dann auf ein Bier und ein Steak im Lone Star Restaurant eingekehrt.
Der heutige Tag wird uns garantiert für immer in Erinnerung bleiben.
Heute ist es ein bisschen mehr geworden und dabei ist es nur ein Bruchteil vom Erlebten.
Muehle
Einfach genial 🤗🤗🤗
Oh ja. Das war es. 🥰